Ja, wo laufen Sie denn? Das fragt sich der amüsierte Beobachter. Ja, wo kämpfen wir denn? Von den deutschen Erstliga-Vereinen im Ringen kommt ein Stoßseufzer nach dem anderen, wenn es um die Zukunft der Vereine geht. Seit Jahren plädiert Vizemeister 1. Luckenwalder SC (LSC) statt dreier für eine zugkräftige Staffel im Oberhaus – und blieb ohne Resonanz beim Deutschen Ringer-Bund. Zu lukrativ sind für diesen sowie für die Landesverbände die Gelder, die die Vereine bei der Verpflichtung der zahlreichen ausländischen Athleten zu entrichten haben. Die Brandenburger machten in der Gruppe Nord gegen schwache Konkurrenz wieder einen Durchmarsch, so dass LSC-Aufsichtsratschef Reinhardt Töpel murrte: „Den Volkssport mit LSC-Beteiligung will niemand mehr sehen.“ Gerade mal 300 Fans im Durchschnitt kamen in der Vorrunde zu den Publikumstötern in der Fläminghalle. Mit 3500 Zuschauern in den vier Play-off-Heimkämpfen kam der Verein wenigstens noch aus dem Schneider.
Im Herbst hatte der Meister von 2006 sogar mit dem Rückzug gedroht. Erst mit einem Kraftakt wurden die Sponsoren mobilisiert. Doch öffentlich wird der Etat, der auf 350 000 Euro geschätzt wird, nicht mehr verkündet. Der LSC bewegt sich auf dünnem Eis, andere Vereine hingegen sind bereits eingebrochen.
Im Ringen hat das Mannschaftssterben eingesetzt. Während Eishockey und Handball in die großen Städte abgewandert sind, hat sich im Mattenkampfsport die dörfliche Struktur erhalten. Wohl und Wehe hängen oft von einem Sponsor ab.
In einer Vorahnung drohender Unbilden beschloss die Bundesliga-Tagung Mitte Februar die zweigleisige erste Bundesliga von 2010 an. Zunächst zogen die KG Dewangen und der KSV Ketsch ihre Teams zurück, nun erwischte es auch den KSV Witten 07. Dem siebenmaligen deutschen Meister, der 43 Jahre lang der Eliteklasse angehört hatte, waren ebenfalls die Geldgeber ausgegangen. LSC-Manager Bernd Faßbender ahnt bereits: „Wenn noch ein weiterer Verein zurückzieht, gibt es zur Installierung von zwei Zehnerstaffeln bereits in der neuen Saison keine Alternative.“ Tatsächlich wackeln auch der Türkische Ringer-Verein Berlin und die KG Rostock/Warnemünde mangels Knete beträchtlich.
Die Turbulenzen haben auch die zweite Bundesliga erreicht. Tuttlingen und Burghausen zogen sich zurück. Ein weiteres Team verzichtet auf den Aufstieg: der 1. Luckenwalder SC II. Der Regionalliga-Beste zieht das Team zurück, weil einige junge Burschen in die Erste hochrücken, andere zur beruflichen Ausbildung in alle Winde zerstreut werden. Erst zum Jahresbeginn war Luckenwalde wieder Bundesleistungsstützpunkt geworden.
Mit aller Kraft voraus heißt es dagegen beim Bundesliga-Team des LSC. Die Entwicklung vom Fast-Rückzug zum Beinahe-Titelgewinn dürfte auch die Sponsoren überzeugt haben. Und angesichts des Desasters anderswo ist die Eliteliga, die nur aus einer Staffel besteht, auch nicht mehr utopisch. |